In ihrem Standwerk zur Verhaltenstherapie postulieren Margraf & Schneider (2009) folgende Grundprinzipien, die einen guten Überblick bieten: 

Prinzip 1: Verhaltenstherapie orientiert sich an der empirischen Psychologie
Psychotherapeutisches Handeln sollte auf wissenschaftlich überprüften Methoden beruhen und auf empirischen Konzepten bspw. der Psychologie, der Medizin oder der Biologie aufbauen.

Prinzip 2: Verhaltenstherapie ist problemorientiert
Die Behandlung setzt an der gegenwärtig bestehenden Problematik an. Das therapeutische Vorgehen wird möglichst genau auf die jeweilige Störung und den individuellen Patienten zugeschnitten, so dass für verschiedene Störungen in der Regel auch verschiedene Verfahren in individualisierter Form angewendet werden. Über die Lösung des aktuell bestehenden Problems hinaus wird eine Erhöhung der allgemeinen Problemlösefähigkeit angestrebt.

Prinzip 3: Verhaltenstherapie setzt an den prädisponierenden, auslösenden und aufrechterhaltenden Problembedingungen an
Die Verhaltenstherapie unterscheidet zwischen prädisponierenden, auslösenden und aufrechterhaltenden Problembedingungen. Die Interventionen setzen an denjenigen Bedingungen an, deren Änderung für eine dauerhafte Lösung des Problems als notwendig erachtet werden.

Prinzip 4: Verhaltenstherapie ist zielorientiert
Die Identifikation des Problems sowie die gemeinsame Festlegung des zu erreichenden Therapieziels durch Therapeut und Patient sind integrativer Bestandteil der Verhaltenstherapie. Das Problem stellt den Ansatzpunkt der Therapie dar. Die Lösung des Problems wird dementsprechend als Erreichen des angestrebten Ziels angesehen.

Prinzip 5: Verhaltenstherapie ist handlungsorientiert
Die Verhaltenstherapie setzt zu ihrem Gelingen eine aktive Beteiligung des Patienten voraus. Die Verhaltenstherapie erschöpft sich daher nicht in Diskussion und Reflektion von Problemen, sondern motiviert den Patienten zum aktiven Erproben von neuen Verhaltens- bzw. Erlebensweisen und Problemlösestrategien.

Prinzip 6: Verhaltenstherapie ist nicht auf das therapeutische Setting begrenzt
Die Verhaltenstherapie strebt eine Generalisierung der erzielten Änderungen auf den Alltag des Patienten an. Das therapeutische Setting und eine gute therapeutische Beziehung bieten die Möglichkeit, verändertes Verhalten und Erleben in einem geschützten Rahmen zu erfahren und einzuüben. Sie gewährleisten aber doch nicht die Übernahme in den Alltag bzw. in das individuelle Lebensumfeld. Hierzu ist es notwendig, dass der Patient neu erworbene Strategien regelmäßig zwischen den Sitzungen ausprobiert und übt. Wenngleich Verhaltenstherapeuten ihre Patienten häufig auch bei Erfahrungen außerhalb der Praxis, der Ambulanz oder der Klinik begleiten, ist das Ziel jedoch stets die Bewältigung ohne therapeutische Begleitung.

Prinzip 7: Verhaltenstherapie ist transparent
Verhaltenstherapie setzt auf den aufgeklärten, aktiven Patienten. Das Geben eines plausiblen Erklärungsmodells für die vorliegende Störung und das verständliche Erklären aller Aspekte des therapeutischen Vorgehens sind Bestandteile der Verhaltenstherapie.

Prinzip 8: Verhaltenstherapie soll »Hilfe zur Selbsthilfe« sein
Über die Erhöhung der allgemeinen Problemlösefähigkeit und über das transparente Ableiten des therapeutischen Vorgehens aus einem Störungsmodell werden den Patienten generelle Fertigkeiten zur selbstständigen Analyse und Bewältigung zukünftiger Probleme vermittelt. Somit erhöht die Verhaltenstherapie das Selbsthilfepotenzial der Patienten und kann dadurch Rückfällen und der Entwicklung neuer Probleme vorbeugen.

Prinzip 9: Verhaltenstherapie bemüht sich um ständige Weiterentwicklung
Durch die Orientierung der Verhaltenstherapie an der empirischen Psychologie unterliegen sowohl ihre theoretischen Konzepte als auch ihre praktischen Behandlungsmethoden einem permanenten Prozess der Evaluation und Ausdifferenzierung und somit einer ständigen Weiterentwicklung.

Diese Prinzipien entstammen (in leicht modifizierter und gekürzter Form): J. Margraf, S. Schneider (2009). „Lehrbuch der Verhaltenstherapie. Band 1“. 3. Auflage. Springer: Heidelberg.